Gastbeitrag Céline Matter

Muskelkrämpfe im Zusammenhang mit körperlicher Betätigung sind bei einer Reihe von Sportarten und körperlichen Aktivitäten relativ häufig anzutreffen. Nachvollziehbar ist daher der Wunsch nach einem Mittel, dass Muskelkrämpfe nachhaltig reduzieren kann. Als Nahrungsergänzungsmittel der Wahl kommt dabei Magnesium zum Einsatz. Doch trotz des grossartigen Rufs ist die Datenlage zu Magnesium und Muskelkrämpfen eher dürftig.

Funktionen von Magnesium im Körper

Rund 83% der deutschen 14-18 jährigen Elitesportler:innen gaben bei einer Befragung 2012 an, dass sie täglich Magnesium supplementieren. Dies ist kein Wunder wird doch häufig vermutet, dass Magnesium wichtig für eine bessere Muskelkontraktion ist und daher sehr oft bei Muskelkrämpfen empfohlen wird. Dies aufgrund der Annahme, dass ein Magnesiummangel vorliegen würde.

In der Tat hat Magnesium eine entscheidende Funktion bei der normalen Kontraktionsauslösung der Muskeln. Es ist jedoch fraglich, ob eine zusätzliche Zufuhr von Magnesium sinnvoll ist, wenn kein expliziter Magnesiummangel vorliegt. Aufgrund der Beteiligung von Magnesium an einer Vielzahl von Stoffwechselvorgängen kann ein Mangel aber nur schwer erkannt werden. Ursachen für einen Mangel können Erkrankungen der Niere oder des Magen-Darm-Traktes sein. Oder ganz einfach eine zu tiefe Energiezufuhr. Bei letzterem treten natürlich noch weit mehr Probleme auf als lediglich ein Magnesiummangel.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Magnesiummangel und Krämpfen ist daher kaum wahrscheinlich, da Magnesium in so vielen Stoffwechselreaktionen eine Rolle spielt, dass ein Magnesiummangel den gesamten Stoffwechsel beeinflussen müsste. Aber schauen wir uns die Studienlage etwas genauer an.

Studienlage zu Magnesium und Muskelkrämpfen

Eine Übersichtsarbeit aus 2021 analysierte 11 Studien zum Thema Muskelkrämpfe und Magnesium, mit insgesamt 735 Proband:innen. Bei den Teilnehmenden handelte es sich um gesunde Menschen, insbesondere ältere Erwachsene, mit Ausnahme einer Studie, die Patienten mit Leberzirrhose oder schwangere Frauen einschloss.

In der Review wurde sowohl eine orale (100-520 mg elementares Magnesium täglich) als auch eine intravenöse Magnesiumsupplementierung im Vergleich zu Placebo untersucht. Dabei kamen folgende Ergebnisse heraus:

  • Die Krampfhäufigkeit wurde gegenüber dem Ausgangswert nach 1 Monat nicht besser
  • Weder die Intensität der Krämpfe noch die Dauer der Krämpfe wurden nach 1 Monat signifikant reduziert
  • Das Risiko für schwerwiegende oder geringfügige unerwünschte Krämpfe konnte nicht reduziert werden
  • 11 % bis 37 % der Teilnehmenden, die Magnesium oral erhielten berichteten von Durchfall
  • 50 % der Teilnehmenden, die Magnesium intravenös erhielten, berichtetet von einem brennenden Gefühl an der Infusionsstelle.

Für die Wirkung einer oralen Magnesiumsupplementierung im Vergleich zu Placebo bei schwangerschaftsbedingten Beinkrämpfen liegt eine sehr geringe Beweissicherheit in Bezug auf die Häufigkeit der Krämpfe vor. Es wurden keine Studien gefunden, die die Intensität und Dauer der Krämpfe für diese Indikation und den Vergleich untersuchten.

Was tun bei akuten Krämpfen?

Wenn die Krämpfe während des Trainings auftreten, kann es bei leichten Krämpfen ausreichen, den Muskel zu entspannen, indem Sie sich ausruhen oder das Tempo für kurze Zeit reduzieren, bis der Krampf nachlässt.

Natürlich sind viele Krämpfe zu schmerzhaft, um sie einfach zu ignorieren, oder sie dauern zu lange, als dass man einfach aufhören und warten könnte, bis sie sich auflösen. Dehnen wird oft als die beste Methode zur Lösung eines Krampfes vorgeschlagen, was durch einige Fallstudien und Anekdoten belegt wird.

Bei akuten Krämpfen in Ruhe oder unter Stress zeigt die Einnahme von bitteren, sauren oder auch scharfen Lösungen mögliche Erfolge. Die Lösung muss dabei nicht zwingend getrunken werden. Es reicht offenbar aus, den Mund damit auszuspülen, um im Gehirn ein neuronales Signal auszulösen, das die verkrampften Muskeln „entspannt“.

Es wird vermutet, dass der hohe Essigsäuregehalt (und der scharfe, unangenehme Geschmack) Nerven im Mund aktivieren, die das Gehirn veranlassen, die Kontraktion des krampfenden Muskels zu verlangsamen. Diese Studie war leider klein und unvollkommen konzipiert.  Sie deutet jedoch darauf hin, dass es in Zukunft interessante, nicht-traditionelle Wege zur Behandlung von Krämpfen geben könnte.

Fazit

Berücksichtigt man die Gesamtheit der Studien zu Magnesium und Leistung, muss man leider den Schluss ziehen, dass Magnesiumsupplemente keinen nennenswerten Einfluss auf die Leistung haben, sofern man keinen Mangel hat, der aber eher selten vorkommen dürfte. Das Versprechen, dass Magnesium bei Muskelkrämpfen hilft, kann daher aus fachlicher Sicht nicht gegeben werden. Wichtiger als eine Supplementation von Magnesium ist die Aufnahme aus natürlichen Nahrungsmitteln, da so auch keine Überdosierung erfolgen kann.

Referenzen
Diehl, K., Thiel, A., Zipfel, S., Mayer, J., Schnell, A., & Schneider, S. (2012). Elite adolescent athletes’ use of dietary supplements: characteristics, opinions, and sources of supply and information. International journal of sport nutrition and exercise metabolism, 22(3), 165-174. Moretti, A. (2021). What is the role of magnesium for skeletal muscle cramps? A Cochrane Review summary with commentary. Journal of Musculoskeletal & Neuronal Interactions, 21(1), 1. https://www.mysportscience.com/post/prevention-and-treatment-of-muscl-cramps Miller, K. C., Mack, G., & Knight, K. L. (2009). Electrolyte and plasma changes after ingestion of pickle juice, water, and a common carbohydrate-electrolyte solution. Journal of athletic training, 44(5), 454-461.

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